Data Driven Advertising (Behavioral Targeting)
Data Driven Advertising, auch als Behavioral Targeting bezeichnet, bietet den Werbetreibenden die Möglichkeit, Internetnutzer aufgrund ihres effektiven Online-Verhaltens oder ihres Informationskonsums gezielt anzusprechen.
Die Grundlage für das Data Driven Advertising ist die thematische Kategorisierung der Website-Inhalte oder eines gesamten Netzwerks. Aufgrund der Rückschlüsse, die aus dem Surfverhalten der User gezogen werden, können die User einzelnen Zielgruppen respektive Segmenten zugeordnet werden. Diese Zuordnung ist nicht statisch, sondern passt sich kontinuierlich dem sich verändernden Surfverhalten der User an. Dies bedeutet, dass ein Nutzer im Zeitverlauf unterschiedlichen Segmenten angehören kann. Diese Datenerhebung erfolgt über Cookies und ist somit anonym.
Evolution im Targeting (Quelle: Goldbach Audience)
Dass soziodemografische Merkmale nur noch bedingt aussagekräftig für das Verhalten von Konsumenten sind, ist keine neue Erkenntnis. Die auf Wertewelten basierenden Sinus-Milieus oder der MACH Radar beschreiben die in den letzten Jahren immer wichtiger gewordenen psychografischen Dimensionen. Im Gegensatz zu diesen statischen Wertewelten geht das Data Driven Advertising einen Schritt weiter, indem es die Werbung aufgrund des effektiven Verhaltens der User steuert, die Interaktion der User mit der Werbung berücksichtigt und die Segmentierung kontinuierlich dem dynamischen Verhalten der User anpasst. Dieser dynamische Prozess lässt sich an folgendem Beispiel illustrieren. Besucht ein Nutzer Sites mit familienrelevanten Inhalten und surft auf Immobilien- und Auto-Websites, wird er anhand der Tracking-Pixel für die Segmente „Familien-Interesse“, „Immobilien-Interesse“ und „Auto-Interesse“ eingeteilt. Aufgrund dieser Zuordnung kann dem User entsprechende Werbung (zum Beispiel für ein Familienauto oder für die Finanzierung einer Eigentumswohnung) angezeigt werden.
Erfolgt nach getätigter Informationssuche der Autokauf, wird der User aufgrund seines veränderten Surfverhaltens sowie des veränderten Interaktionsverhaltens gegenüber Autowerbung resegmentiert.
Einen guten Einblick über die eigene Segmentierung bietet Google Einstellungen für Werbung unter https://adssettings.google.com. Hier sehen Sie wie Google sie segmentiert hat. Unten sehen Sie wie Google den Autor gerade segmentiert.
Google Einstellungen für Werbung (Quelle: adssettings.google.com)
Durch das Data Driven Advertising können User aufgrund ihrer Interessen unabhängig vom thematischen Umfeld angesprochen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer „Out-of-Context“-Werbeansprache oder auch von „Audience Buying“. Dank der inhaltsunabhängigen Ansprache kann der Werbetreibende eine zu hohe Werbedichte umgehen und zum Beispiel eine Konzentration von konkurrierenden Autowerbungen auf Auto-Websites vermeiden.
Lookalikes und Statistische Zwillinge
Mit einfachem Data Driven Advertising können nicht alle Konsuminteressen abgebildet werden. Hier setzt die weiterentwickelte Form des Data Driven Advertising, das Predictive Behavioral Targeting an. Auf Basis einer bestehenden Zielgruppe (z.B. alle User, die sich ein bestimmtes Video angesehen haben) werden Merkmale bestimmt, die alle User dieser Zielgruppe gemeinsam haben. Nun wird ausserhalb dieser Zielgruppe geschaut, welche weiteren Nutzer ähnliche Merkmale ausweisen und diesen „Lookalikes“ oder „Statistischen Zwillingen“ entsprechend die Werbung ausgeliefert, da eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, diese Nutzer aufgrund ihrer Merkmale für die Werbung besonders affin sind.
Beurteilung von Date Driven Advertising
Es ist immer wieder zu hören, dass Marketer sich von ihrem Umfelddenken verabschieden und stattdessen auf ein Zielgruppendenken (Audience Buying) umschwenken sollten, denn schliesslich sei es ja die Zielgruppe, die man erreichen möchte, unabhängig vom Umfeld. Bis dahin wird es aber noch ein weiter Weg sein, denn auch in Zukunft werden nach wie vor klassische Kriterien wie Markenumfeld oder die Soziodemografie der Nutzerschaft für die Platzierung von Online-Werbung wichtig bleiben. Auch wenn man mit Data Driven Advertising die gewünschte Zielgruppe erreicht, so erreicht man diese womöglich gerade im falschen Moment, nämlich wenn sie gerade in einem anderen Umfeld surft. Das mag bei Branding-Kampagnen weniger ins Gewicht fallen, bei abverkaufsorientierten Kampagnen kann das jedoch ein wichtiger Unterschied sein. Zudem ist zu beachten, dass manche Unternehmen aus Imagegründen („Brand Safety“) auf gewissen Websites gar keine Werbung schalten möchten, auch wenn sich die Zielgruppe dort aufhält. Eine Bank möchte so eventuell nicht auf einem Boulevardmedium wie dem „Blick“ oder der „Bildzeitung“ werben, auch wenn sich dort eine überwiegend männlich, gutverdienende und damit sehr affine Zielgruppe aufhält.
Da für Data Driven Advertising eine kritische Masse an Daten nötig ist, wird dieses oft in reichweitenstarken Netzwerken oder immer mehr über Programmatic Advertising angeboten. Hier sollte darauf geachtet werden, auf welchen Seiten die Werbung erscheint.
Eines der Hauptprobleme aus Sicht des Autors ist zudem, dass die Kriterien, die für ein Data Driven Advertising genutzt werden, nicht offengelegt werden und auch nicht überprüft werden können. Wird beispielsweise jemand als reiseinteressiert eingestuft, weil er die Reiserubrik einer Website angesehen hat, oder reicht es für die Einstufung auch schon, dass er sich einen Nachrichtenartikel über die aktuelle Situation in einem Tourismuskatastrophengebiet durchgelesen hat? So kann sich der Autor einige der Segmente aus der obigen Abbildung, die Google für ihn gebildet hat, sehr gut nachvollziehen, andere aber überhaupt nicht.
Auch gibt es bei einer Buchung von Data Driven Advertising erhebliche Preisunterschiede. Während die Segmente über einen Datenanbieter im Programmatic Advertising zwischen 50 Rappen für ein Alters- oder Geschlechtssegment und 5 Franken für eine spezielle Zielgruppe kosten, so fangen die Datenpreise bei grossen Verlagen erst bei 7 Franken aufwärts an – ein grosser Preisunterschied!
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